Die CDU in Niedersachsen will die geschützten Vierbeiner ins Jagdgesetz aufnehmen. Damit würde sie vor allem den Jägern einen Gefallen tun.
taz, 7. November 2021
Die CDU weiß nicht, wie sie zeitgemäße Politik betreiben kann, und befasst sich daher gar nicht erst konstruktiv mit den brandheißen Topthemen Klima- und Biodiversitätspolitik. Den 70 Prozent über 50 Jahre alten männlichen Mitgliedern der CDU erscheint der Klimaschutz als Frontalopposition der Jugend. Artensterben und Ökosystemkrise sehen weite Teile der CDU in Bund und Ländern als linken Angriff auf die Pfründen von Landwirten, Jägern, Mittelständlern und Waldbesitzern.
Jüngstes Beispiel für das Ewiggestrige in der CDU lieferte am Wochenende die Fraktion in Niedersachsen. Die fordert eine „Bestandsuntergrenze“ beim Wolfmanagement. Im Klartext: Alle Wölfe werden erschossen, bis eine – nach welchen wissenschaftlichen Kriterien eigentlich festgelegte? – Untergrenze erreicht ist.
Nur mal zu den gesetzlichen Fakten: Wölfe sind von deutschen und internationalen Gesetzen geschützt. In Deutschland deshalb, weil kein guter Erhaltungszustand der Art erreicht ist. Einzelne Tiere können mit einer Ausnahmegenehmigung „letal entnommen“ werden, wie es in der Amtssprache heißt. In Niedersachsen wurden im Februar und im April 2021 jeweils zwei Wölfe geschossen, die zuvor Schafe gerissen und Rinderherden angegriffen haben sollen.
Wölfe kosten Geld, denn die Landwirte werden entschädigt. Wölfe stören jedoch vor allem die Jäger. In Wolfgebieten können sie nicht mehr einfach auf dem Hochsitz warten, bis ein Tier vorbeiläuft. Rehe, Rot- und Damhirsche verhalten sich anders in Wolfsgegenden. Damit stören Wölfe auch den lukrativen Jagdtourismus. Bisher konnten in Hirsch-starken Regionen finanzkräftige Jäger freitags anreisen, samstags und sonntags einen kapitalen Hirsch erlegen und montags wieder im Büro sitzen.
Wölfe verhindern diesen Zeitplan. Wölfe stellen die Machtfrage im deutschen Wald und die wollen Jäger für sich beantworten. In Niedersachsen streiten sie dafür, Wölfe ins Jagdrecht aufzunehmen. Das hebelt zwar nicht den Artenschutz aus, aber es wäre klar, wer im Wald das Sagen hat: der Mensch. Und da will die CDU dabei sein.